Mara Harvey ist CEO einer Schweizer Privatbank, Mutter von zwei Kindern und Autorin einer Kinderbuchreihe. Darin geht es um finanzielle Bildung für die kleinen Familienmitglieder – ein Herzensthema der Volkswirtin. Familie und Job haben sie immer gleichermassen erfüllt. Deshalb kam es für sie nie in Frage, auf eines davon zu verzichten. Ohne ein Betreuungsangebot wäre das für sie als alleinerziehende Mutter aber nie möglich gewesen.
Mara ist eine Frau, die Herausforderungen mit viel Energie und einem breiten Lächeln begegnet. Sie versteht es, für ihre Themen zu begeistern und Sachen, die sie verändern möchte, aktiv anzupacken. So entstand ihre Buchreihe «Smart Way to Start». Die in Reimform verfassten Bücher ermöglichen es Kindern, sich wichtigen Fragen rund um Geld altersgerecht zu nähern. Marty, die Hauptfigur der Bücher, ist ein Mädchen. Das war Mara sehr wichtig: «In meiner Karriere bei internationalen Banken habe ich täglich gesehen, dass Frauen kaum eingebunden werden, wenn es um die Geldanlage geht. Es ist meist ein reines Männerthema gewesen. Mädchen und Frauen sind in allen Themen rund um Finanzen benachteiligt. Das beginnt schon beim Taschengeld. Daten zeigen, dass die Mädchen durchschnittlich weniger davon erhalten als die Jungs. Das ist unfair», erklärt sie ihre Gründe für die Wahl einer weiblichen Hauptfigur. Bereits im Alter von sieben Jahren wird die Einstellung eines Menschen rund um das Thema Geld geprägt. «Ich habe recherchiert, welche weiblichen Role Models es für Mädchen gibt, wenn es um Geld geht. Es gab schlichtweg keine. Es waren alles Jungs. Das habe ich mit der Buchreihe geändert», sagt sie. In den Entstehungsprozess der Bücher floss viel ihrer eigenen Erfahrungen als Mutter ein. Die Reimform der Geschichten hat sie nicht nur gewählt, weil sie ein Leben lang im Gedächtnis bleiben, sondern auch weil sie einfach zu lesen sind. «Eltern können sie auch nach einem fordernden Arbeitstag einfach und entspannt mit ihren Kindern lesen,» lacht sie.
Die Bedeutung von Kinderbetreuung
Maras Kinder gingen früh in die Krippe. Ihr Sohn wurde im Alter von vier Monaten ganztägig betreut, die Tochter mit sechs Monaten. Eine grosse Erleichterung für die Finanzexpertin, die direkt wieder in Vollzeit in ihren Job zurückkehrte: «Ich finde Kinderbetreuung sehr wichtig. Ich bin der Überzeugung, dass dort Kindern viel mehr geboten wird, als wenn sie allein mit den Eltern zuhause sitzen. Dort sind wundervolle Erzieherinnen für sie da, die dafür ausgebildet sind, diese kleinen Menschen in ihrer Entwicklung zu unterstützen, sie haben den Kontakt zu anderen Kindern, können spielen, kreativ sein, lesen, Neues erleben.» Als sie damals nach einer Krippe für ihren Sohn suchte, was das Angebot allerdings limitiert. Deshalb erinnert sie sich an die ersten zehn Jahre als alleinerziehende, arbeitende Mutter auch als eine besonders herausfordernde Zeit. «Es gab kein gutes Betreuungsangebot, die Öffnungszeiten der Kitas waren nicht kompatibel mit meinen Arbeitszeiten. Die Betreuung meines Sohnes musste ich wie einen Flickenteppich organisieren. Meine Familie lebte nicht in der Umgebung und ich war sehr glücklich darüber, ein Netzwerk an sehr guten Freunden zu haben, die im grössten Notfall einspringen konnten. Auch eine Tagesmutter und ein Au-Pair-Mädchen haben mir sehr geholfen. Ohne Kinderbetreuung wäre es mir nicht möglich gewesen, im Beruf das zu tun, was ich liebe.»
Die andere Seite der Medaille
In den ersten Jahren nach der Geburt ihrer Kinder sah Mara ihren Job als Auszeit für sich selbst. «Es ist ein grosses Glück, dass ich beruflich tun kann, was mich erfüllt. So konnte ich die Arbeitszeit als Zeit für mich sehen. Zuhause lag dann mein ganzer Fokus auf meinen Kindern.» Dennoch spürte sie auch oft ein schlechtes Gewissen. «Es gab natürlich immer Termine der Kinder, zu denen ich nicht anwesend sein konnte. Das ist die andere Seite der Medaille. Fragt man mich, ob ich etwas bereue, dann ist es, nicht immer dagewesen zu sein. Zu der Zeit als mein Sohn klein war, konnte man nicht einfach seinen Vorgesetzten fragen, ob man um vier Uhr gehen kann, um bei einer Aufführung seines Kindes dabei zu sein. Man wurde dann höflich gebeten, doch einen Tag freizunehmen. Ich bin sehr froh, dass sich das inzwischen geändert hat. Es gibt eine viel grössere Akzeptanz auf Unternehmensseite für Eltern.» Den Vollzeit-Job und ihre Familie zu vereinbaren war nicht immer einfach. Ihr schlimmster Moment war, als Mara einmal vergass, ihr Kind aus der Kita abzuholen. «Ich kam eine Stunde zu spät in die Kita. Es war eine sehr fordernde Zeit, ich pendelte viel zwischen Frankfurt und Zürich. Da ich so viel Zeit in Zürich verbrachte, nahm ich meine Kinder mit hierher. An diesem Tag war ich so vertieft in ein Projekt, als es mich plötzlich, wie ein Schlag traf: Meine Tochter ist noch in der Kita! Ich machte mich sofort auf den Weg. Aber ich fühlte mich wirklich schrecklich an diesem Tag.»
Traut euch etwas!
Mara ist es wichtig, andere Frauen zu ermutigen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Sie zog beide Kinder allein gross. Auch sie und ihre Schwester wuchsen bei der Mutter auf, die die Familie mit einem Teilzeitjob ernährte. Sie war ein Vorbild für Mara, denn sie zeigte, dass es möglich war, Kinder aufzuziehen und gleichzeitig zu arbeiten. «Lustigerweise hat sie mich später gefragt, ob ich nicht erst einmal mit meinen Kindern zuhause bleiben wolle», schmunzelt Mara. Heute ist sie eine leidenschaftliche Advokatin für mehr finanzielle Selbstbestimmung für Frauen. In ihrem Buch «Women and Risk» beschäftigt sie sich mit der Frage, was Frauen tun können, um ihre eigene finanzielle Zukunft zu gestalten. «Frauen sehen Geld häufig in erster Linie als Quelle der Sicherheit, nicht als Chance die Zukunft zu gestalten. Deshalb tendieren sie auch dazu, eher nicht am Kapitalmarkt zu investieren.» Das sieht sie als Herausforderung. Insbesondere, da die Menschen immer älter werden und entsprechend für das Alter vorsorgen müssen. «Ich sage allen Frauen: Traut euch, eure finanzielle Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Überlasst sie nicht anderen Leuten.» Eine Botschaft, die auch in ihren Kinderbüchern vorkommt: Kenne deinen Wert und setze dich dafür ein. «Als ich die Bücher schrieb, war meine 12 Jahre alte Tochter meine erste Test-Leserin. Irgendwann fragte sie: «Mama, ich verstehe das gar nicht. Warum sollten Mädchen denn weniger verdienen als Jungs?» Eine mehr als berechtigte Frage. Aber man braucht ein Skill-Set, um diese Ungerechtigkeiten anzugehen. Diese will ich den Kindern in meinen Büchern mitgeben», sagt sie.
«Ich finde Kinderbetreuung sehr wichtig. Ich bin der Überzeugung, dass dort Kindern viel mehr geboten wird, als wenn sie allein mit den Eltern zuhause sitzen.»