Heilsame Wiegenlieder für Frühchen
Wenn das Kind zu früh geboren wird, ist das für alle ein Schock. Eine Schweizer Studie zeigt jetzt, wie wichtig Wiegenlieder sind, um die Gehirnentwicklung der Babys zu fördern.
Eine Frühgeburt ist für die meisten Eltern ein Schock. In der Schweiz wurden im Jahr 2020 fast 86 000 Geburten registriert, davon sind 6,4 Prozent der Kinder zu früh geboren, also vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche. [1] Eine voll ausgetragene Schwangerschaft dauert dagegen in der Regel 40 Wochen. Statt unbeschwerter Stunden wartet auf die Babys und ihre Eltern eine Belastungsprobe. Glücklicherweise haben aufgrund des medizinischen Fortschritts selbst Kinder, die bei der Geburt weniger als 1.000 Gramm wiegen, eine 80-prozentige Überlebenschance.
Musik gegen Stress auf der Neugeborenen-Intensivstation
Wie aber sieht es um die Entwicklung aus, wenn die Kleinen auf der Neugeborenen-Intensivstation liegen, statt in der Nähe der Mutter? Bedingt durch den Stress leiden viele Frühgeborene unter Verspannungen, was ihre Atmung beeinträchtigt. Mit Hilfe von Musik soll diese Anspannung gelöst werden, damit sie wieder tiefer und regelmässiger atmen. «Dadurch produzieren sie mehr Energie, die sie für ihr Wachstum so dringend benötigen», ist bei der Universität Zürich (UZH) [2] nachzulesen.
Studien haben bereits gezeigt, dass Musik neurobiologische Prozesse, neurologisches Lernen und die Aktivität und Bildung der Synapsen unterstützt. Eine Schweizer Untersuchung unter Mitwirkung der Neonatologie am Universitätsspital Zürich [3] widmete sich der sogenannten Kreativen Musiktherapie (CMT) zur Unterstützung und Stärkung Frühgeborener und ihrer Familien. «Unsere neuesten Studienergebnisse zeigen, dass CMT sogar die Gehirnentwicklung der Kinder fördert», erklärt die Wissenschaftlerin und Klinische Musiktherapeutin Friederike Haslbeck.
Positiver Effekt der Wiegenlieder mit bildgebenden Verfahren nachgewiesen
Mit einem bildgebenden Verfahren wurden 82 Frühchen während des Schlafs mit einer Diffusionsgewichteten Magnetresonanztomografie (DTI) untersucht. Das Verfahren erlaubt Rückschlüsse auf den Verlauf der grossen Nervenfaserbündel im Gehirn. Die eine Hälfte der Kinder erhielt zusätzlich zur üblichen Therapie zwei- bis dreimal pro Woche die 20-minütige Musiktherapie.
Bei dieser Therapieform summen speziell ausgebildete Therapeutinnen und Therapeuten Wiegenlieder. In der Praxis sieht das so aus: Die Therapeutin öffnet die Seitenklappe des Brutkastens und berührt das darin liegende Kind. Danach fängt sie an, langsam und ruhig zu summen. Dass das Summen beim Baby ankommt, zeigen die Körperreaktionen – und lässt sich meist auch auf den Monitoren ablesen, weil sich Sauerstoffsättigung, Atmung oder Pulsschlag verändern. Wenn die Eltern dem Kind im Mutterleib vorgesungen haben, übernimmt die Therapeutin das Lied in der Behandlung. Und sie ermutigt die Eltern ebenfalls vorzusingen, denn die Stimmen haben die Babys schon im Bauch gehört.
Die DTI-Aufnahmen zeigten, dass die grundlegenden Strukturen des Gehirns durch die Musik nicht beeinflusst wurden. Dennoch hatte die Musiktherapie einen messbaren Effekt, sagt Friederike Haslbeck: «Bei den Kindern mit Musiktherapie stellten wir eine signifikant geringere Verzögerung in den Funktionsprozessen zwischen Thalamus und Hirnrinde fest, stärkere funktionale Netzwerke und ein verbessertes Zusammenspiel verschiedener Hirnregionen, unter anderem in den für die Motorik und Sprache relevanten Bereichen.» Damit konnte erstmals auch mit Bildgebung ein positiver Effekt der Musiktherapie auf die Hirnentwicklung nachgewiesen werden.
Einen Tipp hat die Wissenschaftlerin für alle Eltern: Singen Sie ihrem Kind Wiegenlieder in ihrer Muttersprache vor. Die Babys bevorzugen dies! [4]
Auch in den globegarden Kindertagesstätten verwenden die Fachkräfte ausgewählten klassischen Musik auf den Gruppen, insbesondere den Babygruppen. Die wissenschaftlich nachgewiesenen positiven Auswirkungen von ruhiger Musik auf Kinder, deren Psyche und deren Gehirnentwicklung werden so in den globegarden Kindertagesstätten zusätzlich unterstützt.
Auch den Tipp der Wissenschaftlerin Friederike Haslbeck befolgen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den globegarden Einrichtungen: Während des täglichen Morgenkreises werden deutsche und englische Kinderlieder mit den Kindern zusammen gesungen. Das stärkt neben der Sprachentwicklung auch das Gemeinschaftsgefühl. Ausserdem regt das Singen die Glückshormone an – für einen glücklichen Kita-Tag.
Die Studie können Sie hier nachlesen.
